Homöopathie – eine (traditionelle) Einführung
Diese Einführung wird zu gegebener Zeit noch durch eine „modernere“ Version ergänzt, die die Homöopathie mehr aus psychologischer Sicht betrachten wird, die aber weder „besser“ noch „wahrer“ ist. Wie nahezu alles im Leben, lassen sich die Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.
Christian Friedrich Samuel Hahnemann ...
... der Begründer der Homöopathie, wurde am 12. April 1755 in Meißen geboren. Sein Medizinstudium in Leipzig musste er sich mit Fremdsprachenunterricht und Übersetzungen selber verdienen. Im Alter von 24 Jahren beherrschte er sieben Sprachen in Wort und Schrift. 1779 legte er sein Doktorexamen ab. Kurz nach der Aufnahme seiner Praxis verlor er seine Illusionen über die Medizin. Hahnemann protestierte laut gegen die schädlichen und sinnlosen Methoden: Exzessive Aderlasse, Arzneien aus Quecksilber oder Arsen und brutale Brech- und Abführkuren endeten häufig (kurz- oder mittelfristig) tödlich. Enttäuscht gab Hahnemann seine Praxis auf. Er verdiente sich seinen Lebensunterhalt mit dem Übersetzen medizinischer Werke. Bei der Übersetzung eines Arzneimittelbuches von Dr. Cullen störte er sich an dessen Darstellung, dass die positive Wirkung der Chinarinde bei Malaria auf deren „magenstärkende“ Eigenschaften zurückzuführen sei. Diese Behauptung erschien ihm unwahrscheinlich. So entschloss er sich zu einem Selbstversuch und nahm versuchshalber Chinarinde ein. Jedes Mal reagierte sein Organismus auf eine Einnahme mit Fieber, Schüttelfrost und anderen malariaähnlichen Symptomen.
Das Ähnlichkeitsgesetz
Hahnemann vermutete, dass die deutliche Besserung der Malaria durch Chinarinde nicht wegen deren angeblich magenstärkender Wirkung zusatnde kommt, sondern aufgrund der Tatsache, dass diese Substanz bei einem Gesunden in der Lage war, malariaähnliche Beschwerden hervorzurufen. Aufgrund dieser Hypothese führte Hahnemann jahrelang Selbstversuche mit verschiedenen Substanzen durch. Alle Veränderungen, körperliche wie seelische, eine Körperempfindung oder ein Schmerz, deren Erstreckung, mögliche Auslöser, Stimmungsveränderungen, ungewöhnliche Träume etc. wurden von ihm schriftlich festgehalten. Ziel war zu erforschen, welche Beschwerden und Befindensveränderungen die jeweilige Substanz hervorrufen kann, um so deren Heilungspotenzial in Erfahrung zu bringen. Dies war die Geburtsstunde des Ähnlichkeitsbegriffes:
Similia similibus curentur – Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt.
Hahnemann prägte den Begriff Homöopathie: „homoios“ (ähnlich) und „pathos“ (Leiden), also „ähnliches Leiden“. Er empfahl die Verwendung von jeweils nur einem Arzneimittel, um genau die Reaktion und Wirkung einer Arznei beurteilen zu können.
Übrigens: Samuel Hahnemann hat damit ein altes Heilungsprinzip wieder neu entdeckt. Das Ähnlichkeitsprinzip ist ein universelles Grundprinzip. Es wird schon seit Jahrhunderten in vielen Kulturen aus der Erfahrung heraus angewendet. Beispiele dafür sind:
- (Mäßige) Erfrierungen mit Schnee einreiben.
- Anwendung von warmen Essig-Wasser-Umschlägen (1 Teil Essig auf 4 Teile Wasser) bei leichten Verbrennungen. Gemäß dem Ähnlichkeitsprinzip muss ein Heilmittel in der Lage sein, ähnliche Wirkungen hervorzurufen. Warmes Wasser „brennt“ etwas, Essig als Säure sowieso. Die Folge ist eine kurze Erstverschlimmerung, aber schon nach wenigen Minuten eine deutliche Besserung und zunehmende Schmerzfreiheit. Dagegen die Anwendung von kaltem Wasser: anfangs eine Linderung, aber die Schmerzen können noch nach einigen Stunden vorhanden sein, außerdem besteht ein deutlich langsamerer Heilungsverlauf. Aber es geht aber auch ohne Essig: warmes Duschen nach einem mäßigen Sonnenbrand hilft genauso.
- Bei einem Infoabend in meiner ehemaligen Praxis in Augsburg erzählte mir eine Teilnehmerin, dass ihre Großmutter immer die Anwendung von scharfem Senf empfahl, wenn man sich die Zungenspitze an einem zu heißen Tee verbrannt hatte. Auch dies ist eine Variante des Ähnlichkeitsprinzips.
Im Übrigen: Das Ähnlichkeitsgesetz ist
nicht „Gleiches mit Gleichen“ heilen, wie immer wieder auf eine verschiedenen Webseiten zu lesen steht. Um ein einfaches Bild zu Verdeutlichung zu benutzen: Wer sich den Finger (leicht) verbrannt hat, kann warmes Wasser nutzen um die Heilung anzuregen (Ähnlichkeitsprinzip). Nochmals die verbrannte Stelle des Finger auf die heiße Herdplatte zu halten (Gleichheitsprinzip = Isopathie), um dadurch einen Heilimpuls zu erwarten, ist - diplomatisch ausgedrückt - sehr optimistisch.
Die Potenzierung - Arzneiherstellung mittels Verreibung und Verschüttelung
Da Hahnemann bei seinen Selbsterfahrungen – Homöopathen bezeichnen diese als Arzneimittelprüfungen – auch giftige Stoffe verwendete, begann er diese zu verdünnen, um deren Giftwirkung abzuschwächen. Feste und in Wasser unlösliche Substanzen verrieb er zuerst, nach einem genauen Dosierungs- und zeitlichen Ablaufplan, mit Milchzucker in einem Mörser, bevor er sie dann in einer alkoholischen Lösung durch Schütteln schrittweise weiter verdünnte. Diesen Prozess nannte er im nachhinein Potenzierung (= Kraftentfaltung), denn er machte hierbei die höchst erstaunliche Entdeckung, dass sich die Wirkung auf den menschlichen Gesamtorganismus dadurch aufs Höchste steigerte, während von der materiellen Giftwirkung schließlich nichts mehr übrig blieb!
Potenzierte Arzneien enthalten ab einem bestimmten Potenzierungsgrad (= Verdünnungsgrad) kein Molekül der ursprünglichen Substanz mehr, daher wird von den Gegnern der Homöopathie behauptet, dass diese nicht funktionieren kann. Aber Homöopathie funktioniert ja auch nicht materiell, sie wirkt energetisch! Beim Potenzierungsvorgang wird die Information/Schwingung des Heilmittels auf einen Trägerstoff (Alkohol, Milchzuckerkügelchen) übertragen. Auch ein ausschließlicher Placeboeffekt durch Zuwendung durch den Therapeuten kann ausgeschlossen werden: Homöopathie wirkt bei Bewusstlosen (z.B. nach einem Schlaganfall), bei Säuglingen und bei Tieren, denen man einfach ein paar Tropfen oder Globuli (Zuckerkügelchen) in ihr Fressen tut.
Zum besseren Verständnis ein Beispiel: Wir leben im sog. Informationszeitalter. Informationen steuern Flugzeuge, Computer und auch Menschen. Informationen können an einen Informationsträger gekoppelt sein, ein Blatt Papier, einen Speicherstick, eine Computerfestplatte, sie müssen es aber nicht. (Ein Gedanke, ein Gefühl ist immateriell.) Das Milchzuckerkügelchen, das Globuli, ist nur der materielle Träger für die Information, die Schwingung.
Die Arzneimittelprüfung
Die sogenannte Arzneimittelprüfung ist ein wichtiger Grundstein der Homöopathie. Es wird geprüft, welche Symptome, Beschwerden und Befindensveränderungen eine Substanz hervorrufen und damit auch heilen kann. Eine Gruppe Freiwilliger, vorzugsweise beiderlei Geschlechts, nimmt eine nicht bekannte homöopathische Arznei ein. Jede folgende Befindensveränderung wird genau protokolliert, wie z.B. „lustige Träume von einem meinem Hund, der...“, „in das linke Bein ausstrahlende Rückenschmerzen (vielleicht eine passende Arznei für Ischiasbeschwerden?). Fühlt sich an, als ob ein Messer am Knochen schabt.“, „Bin heute morgen in trauriger Stimmung aufgewacht. Sehr ungewöhnlich für mich. Den ganzen Tag habe ich darüber nachgedacht, warum...“, „Ich habe auf einmal einen richtigen Heißhunger auf Äpfel. Normalerweise sind mir Äpfel eher gleichgültig.“ Am Schluss der Prüfung werden die Beobachtungen schriftlich gesammelt, ausgewertet und (hoffentlich) in Fachzeitschriften oder Büchern veröffentlicht.
Sog. Arzneimittelprüfungen sind im Prinzip nichts Ungewöhnliches. Tag für Tag kommen wir in Kontakt mit Substanzen, Nahrungsmitteln, diversen äußeren Einflüssen. Viele Reize rufen bei uns keine nennenswerte Reaktion hervor – es besteht kaum eine Resonanz –, aber auf manches reagieren wir deutlicher. Bestimmte Substanzen nehmen wir auch gerade wegen ihrer speziellen Wirkung zu uns, wie z.B. Kaffee. Die Wirkung ist individuell unterschiedlich stark ausgeprägt, aber in der Regel gilt Kaffee als „Muntermacher“. Der Blutdruck steigt etwas, die Gedankentätigkeit wird angeregt, manche Menschen bemerken eine verstärkte Tätigkeit der Schweißdrüsen und auch die Nieren scheiden vermehrt Flüssigkeit ab. Und natürlich macht Kaffee wach – manchmal erwünschte, manchmal unerwünschte Nebenwirkung.
Die „Lebenskraft“ oder: Krankheit ist eine energetische Störung
Bevor man sich mit Heilung beschäftigt, muss man sich damit auseinandersetzen, was Krankheit oder Kranksein überhaupt ist. Warum erkrankt ein Mensch an akuten Infekten, während andere fast nie akut erkranken? Warum reagiert ein Mensch nach dem Kontakt mit einem Nahrungsmittel oder Pollen mit einem heftigen Hautausschlag oder asthmatischen Beschwerden, während andere davon völlig unbeeinflusst bleiben? Mit diesen Fragen setzte sich Samuel Hahnemann als unermüdlicher Forscher auseinander. Nach intensiver Beobachtung kam er zum Schluss, dass eine dem Organismus übergeordnete Kraft alle Lebensfunktionen steuert. Er nannte diese Kraft „Lebenskraft“ oder „Dynamis“. Die Aufgabe der Lebenskraft ist, die Harmonie und Ordnung im Organismus zu erhalten. Jedes Organ und jede Zelle wird von der Lebenskraft beeinflusst und gesteuert. Die Lebenskraft schützt uns auch vor Erkrankungen und verleiht uns Immunität gegenüber krank machenden Faktoren.
Notabene: Diese Überlegungen hatte Samuel Hahnemann gegen Anfang des 18. Jahrhunderts! Er war seiner Zeit weit voraus.
Ist die Lebenskraft geschwächt oder wird sie ins Ungleichgewicht gebracht, erkrankt der Mensch. Der Organismus ist nun vor den krank machenden Einflüssen nicht mehr ausreichend geschützt – er erkrankt. Alle Krankheitssymptome sind allerdings nicht die Krankheit selbst, sondern nur die äußere Manifestation des Krankheitsgeschehens. Sie weisen lediglich darauf hin, dass im Inneren des Menschen etwas nicht in Ordnung ist. So sind Viren oder Bakterien niemals die eigentliche Krankheitsursache. Es ist die verstimmte Lebenskraft, die die (massive) Ausbreitung fremder Keime erst ermöglicht. Eine passend gewählte homöopathische Arznei harmonisiert die Lebenskraft und löst eine Heilreaktion aus. Man kann es auch mit den (letzten) Worten von Louis Pasteur zu sagen: „Das Terrain ist alles, die Mikrobe ist nichts.“
Die Funktion von Krankheitssymptomen
Der Homöopathie und der Schulmedizin liegt ein grundsätzlich verschiedenes Verständnis von Gesundheit und Krankheit zugrunde. In der Schulmedizin werden die Krankheitssymptome als die Krankheit selbst angesehen. Wenn zum Beispiel ein Hautausschlag nach der Anwendung einer kortisonhaltigen Salbe verschwindet, gilt dies als erfolgreich therapiert. Treten einige Zeit später andere Beschwerden auf, wird dies als eine neue, eigenständige Erkrankung betrachtet. Für einen Homöopathen sind diese sichtbaren Krankheitszeichen jedoch immer nur der äußere Ausdruck einer inneren Störung. Die eigentliche Erkrankung liegt tiefer, nämlich in der Störung der Lebenskraft, und ist somit unsichtbar. Beseitigt man die äußeren Symptome (Hautausschläge, Hämorrhoiden, Entzündungszeichen, Schmerztablette bei chronischen Kopfschmerzen etc.), so hat man lediglich die äußeren Zeichen des Krankheitsgeschehens beseitigt. (Ausnahme: wenn es eine Ursache von außen gibt wie bspw. eine Entzündung aufgrund eines Fremdkörpers von außen). Die dem jeweiligen Geschehen zugrunde liegende energetische Störung ist damit nicht reguliert. Die Krankheit kann sich nach kurzer Pause wieder neu ausbreiten oder gar an anderen Teilen des Organismus neue funktionelle Störungen oder gar Schäden anrichten.
Was aber noch viel schlimmer ist: Krankheitszeichen haben eine Funktion. Sie wirken ausgleichend und beschwichtigend in Bezug auf die verstimmte Lebenskraft – sie stellen eine Art „Notventil“ für den erkrankten Organismus dar. Nimmt man dem Organismus diese Möglichkeit, indem man lokale Störungen beseitigt (z.B. Hämorrhoiden veröden, Hautausschlag mit Salbe „wegmachen“, chronische Kopfschmerzen mit Schmerztabletten „bekämpfen“), ohne gleichzeitig die innere zentrale Störung zu beheben, so wird möglicherweise die Lebenskraft gezwungen, sich ein neues „Ventil“ zu suchen wie zum Beispiel Heuschnupfen oder gar asthmatische Beschwerden einige Wochen oder Monate nach der Beseitigung eines Hautausschlages (etwas, was gar nicht so selten vorkommt). Wird aber zuerst die verstimmte Lebenskraft reguliert, so verschwinden die störenden Beschwerden im Laufe der Zeit von selbst. Heilung erfolgt grundsätzlich von innen nach außen, nicht umgekehrt.
Eine Ausnahme bilden natürlich (akut) unerträgliche oder potenziell lebensbedrohende Krankheitszustände. Ein allergischer Schock verlangt natürlich schnellstmöglich den Einsatz antiallergischer Medikamente, einem Kind, das sich nachts wegen Neurodermitis blutig kratzt und gar nicht mehr schlafen kann, muss natürlich erst einmal Erleichterung verschafft werden.
Individualität
Ein wichtiger Grundsatz in der Homöopathie ist, dass jeder Mensch ein einzigartiges Wesen ist. Immer ist es der einzelne, unverwechselbare Mensch mit seinem individuellen Beschwerdebild, der behandelt wird. Somit muss für ihn unter Tausenden potenzieller Arzneimittel ein möglichst ähnliches gefunden werden. Je individueller, sprich je ungewöhnlicher etwas ist, umso potenziell wertvoller ist dies für den homöopathischen Praktiker. Frühere Gesundheitsstörungen, familiäre Krankheitsdispositionen und andere Details können ebenfalls wertvolle Hinweise zur Mittelfindung liefern.
Dosierung
Oft sind Patienten erstaunt, wenn sie nur ein paar Globuli (Kügelchen) einnehmen sollen. Sie fragen (leicht verunsichert) nach, ob das denn genüge, schließlich habe man ja erst in einigen Wochen wieder einen Termin. Um die Lebenskraft zu beeinflussen, genügt oft ein einzelner energetischer Impuls, dessen Wirkung Wochen, Monate und sogar länger wirken kann. Danach sind oft Wiederholungen der Arznei erforderlich, manchmal reicht aber auch eine einzige Gabe.
Betrachten wir zur Verdeutlichung eine Pendeluhr. Wir ziehen die Gewichtssteine auf, versetzen dem Pendel einen Stoß, und es schwingt rhythmisch hin und her. Berührt man nun nach kurzer Zeit das Pendel erneut, so gerät es evtl. in Unruhe und nach kurzer Zeit bleibt die Uhr stehen. Solange etwas in Bewegung ist, braucht es keine zusätzliche Krafteinwirkung, sonst gerät das Ganze aus dem harmonischen Rhythmus. Es ist wie bei dem Schlüssel und dem Schloss. Hat man eine sehr ähnliche Arznei gefunden, so wirkt diese wie DER passende Schlüssel. Die Tür, die jahrelang verschlossen war, geht auf, und es kann zu zum Teil sehr schnellen und tiefgreifenden Heilreaktionen kommen - selbst bei schon jahrelang bestehende Erkrankungen.
Es ist übrigens ein Irrtum, dass homöopathische Mittel keine „Nebenwirkungen“ haben können. Nimmt jemand über längere Zeit in unpassend hohen Dosierungen ein Mittel ein, kann eine Arzneimittelprüfung die Folge sein, d.h. der Patient produziert Symptome, die für diese homöopathische Arznei typisch sind. Nach dem Absetzen des Arzneimittels verschwinden diese Erscheinungen in der Regel aber wieder.
Komplexmittel
Einige Therapeuten wollen den zeitaufwendigen Weg, eine möglichst ähnliche Arznei zu finden, abkürzen. Wie der Name bereits sagt, handelt es sich um Mischungen verschiedener homöopathischer Substanzen. Es werden zwei bis dreißig Mittel gemischt, in der Hoffnung, dass ein passendes dabei sein wird. Komplexmittel wirken in der Praxis wenig überzeugend. Manchmal helfen diese ganz ordentlich bei akuten Störungen, eine dauerhafte Heilung chronischer Beschwerden erreicht man damit in der Regel nur sehr selten. Außerdem weiß man nicht, wie die Wirkung von mehreren Medikamenten oder die Wechselwirkung zwischen ihnen ist. Wir wissen aber um die Wirkung eines einzelnen Arzneimittels, da dieses – und nur dieses – am gesunden Menschen geprüft wurde.
Und vor allem: Ziel ist es, eine möglichst ähnliche Arznei, den passenden Schlüssel zu finden. Bei der Verordnung von Komplexmitteln wird dies erst gar nicht versucht. Quantität (= viele Arzneimittel) soll hier fehlende Qualität (= umfassendes Patientengespräch samt nachfolgender Findung der optimalen Arznei) ersetzen.
Kriterien einer Heilreaktion
Im Rahmen einer homöopathischen Behandlung kann (nicht muss!) es vorkommen, dass sich Beschwerden kurzzeitig intensivieren können. Oder alte, vergangene Beschwerden, die man seit Jahren nicht mehr gespürt hat, treten für kurze Zeit erneut auf (oft bei gleichzeitiger Besserung anderer Beschwerden). Nur, was bedeutet dies?
Diese Heilreaktionen sind oft ein positives Zeichen und zeigen, dass die Lebenskraft anspricht, die Schwachpunkte im Körper „aktiviert“ werden und der Heilungsprozess in Gang gesetzt worden ist. Nach der Mitteleinnahme kann eine Reaktion innerhalb von wenigen Minuten (z.B. Niesanfälle bei einer Heuschnupfenpatientin) oder erst nach Wochen, in seltenen Fällen auch nach drei oder vier Monaten auftreten. Je nach verabreichter Arznei, deren Potenz (= Arzneistärke) und dem energetischen Zustand des Patienten ist der zeitliche Ablauf unterschiedlich. Auch die Art der Heilreaktion ist verschieden. Manchmal reagiert der Körper mit verstärktem Schwitzen, dem Einsetzen der Periode oder erhöhtem Schlafbedürfnis. Manche dieser Reaktionen wirken wie ein Ventil und stellen eine Art Selbstreinigung dar. Der Organismus kann sich entlasten, und der Patient fühlt sich anschließend besser.
Auch im psychischen Bereich sind oft Reaktionen wahrzunehmen. Introvertierte und blockierte Menschen werden vorübergehend emotioneller. Waren sie früher diplomatisch und äußerlich ausgeglichen, verlieren sie nun möglicherweise schneller die Geduld, sind gereizter und auch mal explosiv. Verdrängtes kommt hoch, wird nochmals gelebt, bearbeitet und verarbeitet. Der Patient beginnt sich zu wehren. Mit der an ihn gerichteten Erwartungshaltung kann er besser umgehen und ist weniger gestresst. Wollte er es früher immer allen recht machen und konnte nie nein sagen, wehrt er sich heute und kämpft für seine Anliegen und nimmt seine Gefühle besser wahr.
Unterdrückung - Ebenenwechsel von Beschwerden
Wie gerade im vorigen Abschnitt erwähnt, bedeutet Heilung somit mehr als das bloße Verschwinden von Krankheitszeichen. Es ist nicht selten, dass im Rahmen einer symptomatischen, d.h. nicht ganzheitlichen, Therapie, einzelne Beschwerden verschwinden, aber nach kurzer Zeit erneut wieder auftreten oder, was noch schlimmer ist, anstelle der alten Beschwerde sich eine neues, schwereres Krankheitsbild zeigt. In solch einem Fall besteht die Gefahr, dass sich die Symptomatik von außen nach innen verlagert und sich dadurch immer ernstere Krankheitszustände bilden (Beispiel: ein Heuschnupfen wird zu einem Asthma). Diesen Effekt nennt man Unterdrückung. Vor allem die Schulmedizin, die den Menschen grundsätzlich nicht als Einheit betrachtet, läuft Gefahr, dies zu begünstigen. Die isolierte Betrachtungsweise zeigt sich allein schon im Vorhandensein der einzelnen Facharztrichtungen. Der eine Arzt behandelt die Haut, ein anderer ist für das Atmungssystem zuständig und ein dritter therapiert das Nervenssystem.
Ein Beispiel: Ein Mann leidet seit längerer Zeit an einem Hautausschlag an den Händen, für den er eine kortisonhaltige Salbe verschrieben bekommen hat. Nach einer Woche ist die Haut gut „abgeheilt“, und der Patient freut sich, dass er dieses Übel so schnell los wurde. Nach drei Wochen bekommt er im Gesicht, an den Händen und in der Kniekehle einen starken Ausschlag. Wiederum erhält er die Salbe verschrieben. Nach halbjähriger Behandlung ist der Hautausschlag endlich „geheilt“. Der Patient vergisst die ganze Angelegenheit. Im nächsten Frühjahr leidet er zum ersten Mal an einem starken Heuschnupfen mit Atemproblemen. Es liegt der begründete Verdacht vor, dass der Heuschnupfen eine Folge der Unterdrückung des Hautausschlages ist. Es wurde lediglich etwas Kosmetik betrieben, d.h. an der Oberfläche therapiert, nicht aber die zugrunde liegende energetische Störung behoben. Die Erkrankung hat sich nach innen verlagert, der Betroffene ist kränker geworden.
Dieser unterdrückende und einzelne Symptome bekämpfende Therapieansatz ist vor allem im schulmedizinischen Organdenken verankert. Krankheitssymptome werden hier weniger als Ausdruck des Menschen als Einheit verstanden, sondern eher als lokal begrenzte Störung gesehen. Aber: Man kann aber auch mit Homöopathie und anderen alternativen Therapieformen unterdrücken, wenn man den Menschen nicht in seiner Ganzheit betrachtet. Verabreicht Ihnen ein „Homöopath“ beispielsweise gleichzeitig vier oder fünf homöopathische Arzneien für verschiedene Beschwerden, so scheint auch hier der ganzheitliche Ansatz nicht wirklich verstanden zu sein. Genauso ist es, wenn man homöopathische Einzelmittel nur nach Krankheitsnamen anwendet (Mittel A gegen Krankheit X, Mittel B gegen Beschwerde Y etc.), anstatt den ganzen Menschen zu berücksichtigen. Es ist nicht allein die Therapieform, die „gut“ oder „schlecht“ ist, das Bewusstsein des Therapeuten ist von ebensolch großer Bedeutung
Und auch jeder klassische Homöopath kennt es gelegentlich aus der Praxis, wenn unbedeutendere Beschwerden prompt verschwinden, aber „tiefer“ liegende Krankheitssymptome sich gleichzeitig noch verschlimmern. In der Regel ist eine solche Reaktion zeitlich begrenzt, d.h. der alte Zustand stellt sich wieder von selbst ein, und der Behandler, in Kenntnis der ungünstigen Reaktion des Patienten, wird sich auf die Suche nach einer besser passenden Arznei machen (müssen).
Im Übrigen ist es so, dass zum Glück nicht jeder Organismus sich so leicht unterdrücken lässt. Es gehören immer zwei Seiten dazu. Ein Therapieansatz, der potenziell unterdrückend wirkt, und ein Organismus, der sich auch unterdrücken lässt. Manche Menschen bekommen jahrelang kortisonhaltige Salben verordnet, ohne dass eine Unterdrückung stattfindet. Die Beschwerden verschwinden immer für kurze Zeit, ein „Shift“, ein „Ebenenwechsel“ findet zum Glück nicht statt.
Zum Abschluss noch einmal eine kurze Zusammenfassung des Geschriebenen:
- Verwendung von potenzierten (= energetisch wirkenden) Arzneimitteln.
- Verordnung einer Arznei nach dem
Ähnlichkeitsprinzip.
- Auswahl der Arznei aufgrund der
Gesamtheit aller körperlichen und psychischen Beschwerden, Besonderheiten und Auffälligkeiten.
- Bewertung der Reaktion auf die Arznei nach ganzheitlichen Gesichtspunkten (Heilung, keine Unterdrückung).
- Entdeckung neuer Arzneien durch Arzneimittelprüfung am gesunden Menschen. (Dies erfolgt meist durch Homöopathen im freiwilligen Selbstversuch.)
Weiterführende Informationen zur Homöopathie
Folgende Bücher, die sehr anschaulich, lebendig und praxisnah, die Wirkungsweise und das Heilungspotenzial der Homöopathie beschreiben, kann ich Ihnen empfehlen:
-
„Klassische Homöopathie - Wieso? Weshalb? Warum?“ - Karl-Josef Müller - ISBN 978-3-934087-32-3 - 5 €uro
Bezugsmöglichkeit direkt beim Herausgeber: »
http://www.homoeopathie-zweibruecken.de
-
„Homöopathie“ - Gerhard Ruster - Eurobooks (nicht mehr als Neubuch erhältlich)
Preisgünstig erhältlich bspw. bei
http://www.booklooker.de
Nach oben